Frühling! Es wird wieder früher hell, unsere Herzen jauchzen, die Vögel zwitschern es von den Dächern und pfeifen auf den Winter: Jeder Tag bringt uns den Sommer ein Stückchen näher!So dachten wir jedenfalls bis zu diesem Jahr.

VögelUnsere Annahmen, was das muntere Frühjahrsvogelgezwitscher angeht, haben sich als jahrhundertelanger Irrtum entpuppt. Schauen wir die Fakten an: Bis dato dachten wir, dass wenn der Frühling kommt, sich die Vögel freuen und deshalb anfangen zu zwitschern. Wir – Herdentiere, die wir sind – lassen uns Jahr für Jahr anstecken von diesem für uns wunderbar klingenden Musizieren. Wir lieben die Vögel dafür; sehen sie als Boten des Frühlings, welche uns versprechen, dass es bald wärmer wird und wir rasant dem Sommer entgegen marschieren. Amsel, Drossel, Fink und Star und alle anderen, welche wir leider nicht mehr namentlich kennen, weil wir – seien wir mal ehrlich – nicht so genau aufgepasst haben, als Grossvater uns dies in unserer Kindheit verklickern wollte. Sie alle jedenfalls pfeifen, zwitschern, tirillieren, so dass wir auch wollen lustig sein, lustig wie die Vögelein.

„Ihr habt wohl ‘nen Vogel“, sagt uns da der Spatz. Ja, seit diesem Frühjahr nämlich habe ich doolittle‘sche Anwandlungen und verstehe zwar nicht alle Tiere, wohl aber doch die Vögel. Denn Fakt ist, dass die Vögel auch dieses Jahr im frühen März angefangen haben zu singen wie schon die Jahre davor. Fakt ist, dass die Sonne wie in früheren Jahren jeden Tag etwas früher aufgeht und Fakt ist, dass trotz dieser Frühlingsboten vom Frühling selbst die wichtigste Spur fehlt: Die Wärme! Nichts, niente, nada! Nicht das geringste Frühlingsgefühl kann sich da regen. Nicht mal der April macht, was er will. Noch ein bisschen mehr Schnee, und weihnachtliche Gefühle kämen auf.

Dies lässt nur einen Schluss zu: Die Vögel zwitschern nicht, weil sie sich auf den Frühling freuen. Nein, sie tun es, weil die Sonne früher aufgeht, sie nicht mehr schlafen können und zu allem Elend auch noch – da sie früher raus müssen am Morgen – länger frieren in der Kälte. Was sagen sie also? Nicht etwa: „Juhee, oh Freude, wunderbar, wir sind die lust‘ge Vogelschar. Für euch singen wir den Frühling ein mit einem holden Ständelein!“ Nein nein, ein jahrtausendealtes Missverständnis zwischen Mensch und Vogel! Alles, was die Vögel sagen, klingt lieblich für unser Ohr, da wir ja kein Vögelisch verstehen. Was die Vögel aber eigentlich tun, ist, sie fluchen und schimpfen… „Wele Depp hät s’Liecht aagmacht? Das hämmer so dänn ned abgmacht! Huere Siech und Gopfriedstutz, mir verlanged Arteschutz! Das wird ja eifach immer strüber. Ich glaub, ich chume Vögel über.“
…wie die Rohrspatzen!