Wo bloss sind die bärtigen Männer alle im Sommer“, dachte ich, als dieses Jahr das erste Mal Schnee fiel. Auf den ersten Blick vielleicht ein abwegiger Gedanke, der nichts mit Schnee zu tun haben scheint. Der zweite Blick wird meine Frage aber rechtfertigen: Es ist immer Mann mit Bart, der Schnee schaufelt auf dem Schulhausplatz, der mit dem kleinen Schneepflug die Bushaltestellenbuc…ht vom Schnee befreit und der den Salzwagen fährt. Und genau diese Männer sind es, die man im Sommer nicht sieht – jedenfalls nicht im Unterland. Meine Thesen folgten auf dem Fuss:
- Bart im Sommer ist zu warm. Auch Schneemänner sind im Sommer rasiert.
- Schneemänner werden in den Bergen gehalten (wo man sie sehr häufig auch im Sommer sieht). Bei Schneefall in den niedrigeren Gebieten, werden sie ans Unterland ausgeliehen. Schliesslich wollen wir Profis.
- Schneemänner sind wie der Weihnachtsmann. Saisonal. Sie kommen nur zu ganz besonderen Anlässen und verrichten ihre Arbeit wie kleine Wichtel. Vielleicht sind sie sogar Wichtel?
These 1 konnte ich gleich ausschliessen. Die Bärte sind zu lang. Es sei denn, diese Männer verwenden eines dieser furchtbar wirksamen Haarwuchsmittel.
These 2 kann deshalb nicht sein, weil die Bergregionen im Winter selbst genug mit Schnee zu tun haben und sich deshalb eine Vermietung ihrer Fachkräfte zu diesem Zeitpunkt nicht leisten können.
Bleibt These 3. Wieder, abwegig auf den ersten Blick, aber wir haben ja bereits gelernt, dass abwegig nicht immer ungerechtfertigt bedeutet. Wichtel sieht man zwar üblicherweise nicht, aber auch sie haben einen Bart – gemäss der Zeichnungen von Leuten, die doch mal welche gesehen haben. Wichtel tauchen immer dort auf, wo man sie braucht und verrichten ihre Arbeit lautlos und unauffällig. Nur das Resultat fällt auf. Genauso wie bei unseren bärtigen Freunden auf Schneepflug und Co. Könnte es also nicht sein, dass die Schneesituation bei den Wichteln als Ausnahmesituation gehandelt wird, bei der es keine Rolle spielt, ob sie gesehen werden oder nicht? Weil den Menschen fällt nicht auf, dass der nette Schneepflüger gar kein Mensch ist, er passt sich bestens ins menschliche Gefüge ein. Nur eben, die Bärte haben sie verraten!
Diese ganzen Überlegungen brachten mich übrigens zu einer weiteren Einsicht. Wichtel gelten als die Helfer des Weihnachtsmannes. Was unterscheidet sie aber von ihm? Was wir wissen: Sie sind bärtig, sie dienen der Menschheit, niemand – ausser die Zeichner der Bartgeschöpfe – hat sie je gesehen. Keine Unterschiede also. Das einzige, was den Weihnachtsmann anders macht, ist, dass er einen Namen hat und somit zum Individuum erhoben wurde. Was also, wenn der Weihnachtsmann nichts weiter als ein auf das Podest gehobener Wichtel ist? Ja, liebe Kinder, hier kommt die Ernüchterung. Der Weihnachtsmann ist einer von vielen. Vielleicht sogar derjenige, der gestern euren Schulhausplatz vom Schnee befreit hat. Glaubt doch lieber wieder ans gute, alte Christkind. Das hat nämlich keinen Bart.
Noch keine Kommentare