…spricht man nicht, Geld hat man! Das bedeutet also, dass ich darüber sprechen darf! Dies ist etwas, was hier eine ganze Menge Leute tun. Obwohl ich in Zürich’s Slums gewohnt hatte, war mir nie bewusst, dass die Leute um mich rum wahrscheinlich ziemlich mit den Mäusen kämpften (ich meine nicht die härzigen, pelzigen Tierchen). In der Schweiz wird nämlich nicht über Geld gesprochen – auch wenn man keins hat. Die versteckte Armut. In Australien bemerkst du die Armut auch nur, weil die Leute offen darüber reden. Die Häuser und Wohnungen sind vollgestopft mit allen technischen Geräten, die man braucht und nicht braucht, und, falls Kinder da sind, mit allen möglichen und unmöglichen Spielsachen. Es sieht aus als hätten sie alles. Tun sie auch, zusammen mit einem Haufen Schulden und unbezahlten Rechnungen. Nur eines fehlt: Das Geld!

Zuerst hatte ich Mitleid, doch dann merkte ich, dass das Meiste selbstverschuldet ist (zwei Videogeräte in einem Haushalt lassen einfach nicht auf wirkliche Armut schliessen). Ok, einiges war auch nicht ganz selbstverschuldet. So zum Beispiel die $200 Telefonrechnung ihres Sohnes, die meine Ex-Nachbarin zu allen anderen finanziellen Engpässen auch noch bezahlen musste, womit sie aber noch Schwein gehabt hatte, vergleicht man es mit der $800 Natelrechnung seiner Freundin, für die ein Freund von mir aufkommen musste!! (Und ich dachte, ich telefoniere viel – ach nein, ich lasse mir ja anrufen…)

Warum ist hier diese „selbstinduzierte“ Armut aber so häufig? Obwohl sie auch in Australien Banken haben, ist den meisten Leuten das Konzept des Sparens unbekannt. Kein Krieg, keine Depression in den letzten hundert Jahren, und bei einem Zinssatz von 0.01% und monatlichen Kontogebühren von $5 ist der Anreiz auch nicht sonderlich gross, sein Geld auf der Bank zu haben. Ausserdem werden hier die Löhne wöchentlich bezahlt (was Sinn macht bei Kündigungsfristen von nur zwei Wochen). Also müssen sich die Leute nicht mal monatlich budgetieren. Sie leben von Woche zu Woche.

Aber ohne Sparen kann man sich ja keinen zweiten Videorecorder anschaffen, wundert ihr euch? In Australien wird nicht gekauft, da wird geleast. Obwohl $7 pro Woche für ein Videogerät nicht als viel erscheint, summiert sich das zusammen mit der Waschmaschine, dem Kühlschrank und natürlich dem Fernseher.

Mir diesem Thema bewusst, wollte ich eine gute Tat vollbringen und das übriggebliebene Dessert auf dem Heimweg einem armen Bedürftigen geben. Dies entpuppte sich aber als Mission Impossible, denn dresscode wird hier nicht gross geschrieben, und der Millionär sieht oft ähnlich aus wie der Clochard. Ich konnte ja nicht einfach einem, der nachts barfuss und mit einem Plastiksack durch die Gegen lief, sagen: „Nimm das, du siehst aus, als könntest du’s brauchen…“ Ich möchte meine Zähne nämlich noch etwas behalten…..Oh, daran hätte ich wahrscheinlich den Millionär erkannt. Das war der mit den Zähnen.